Zur Situation der Ausbildung zum Klavierbauer in Deutschland

 Nachdem die Zahl der Auszubildenden jahrelang rückläufig war, konnte die zentrale Berufsfachschule für Klavier-und Cembalobauer, die Oskar-Walcker-Schule in Ludwigsburg, neuerdings wieder eine positive Tendenz vermelden. Die Gründe des Rückganges liegen sicher nicht in der Attraktivität dieses klassischen „Nischen“-Berufs, denn die Zahl der Bewerbungen war gleichbleibend bis ansteigend. Dabei fällt auf, dass Bewerber mit Haupt- oder Realschulabschluss nicht mehr die Regel sind und mehr und mehr höher Qualifizierte bis hin zu Akademikern den Beruf des Klavierbauers erlernen wollen. Sehr erfreulich ist, dass sich immer mehr Frauen für diesen Beruf entscheiden und sich ihr Anteil der 50%-Grenze nähert!

 Das Nadelöhr ist vielmehr ein Mangel an Ausbildungsplätzen. Zum einen haben etliche deutsche Klavierhersteller in den letzten Jahren ihre Pforten geschlossen und zum anderen wird in zunehmenden Maße im Ausland produziert, weshalb viele Ausbildungsplätze wegfielen. Auch im Fachhandel wurde immer weniger ausgebildet, weil man entweder am wirtschaftlichen Nutzen zweifelte oder sich vor zukünftiger Konkurrenz fürchtete. Viele Klavierbaumeister scheuten auch den Aufwand, den eine Ausbildungsstelle erfordert oder glaubten, nicht für die umfangreichen Lehrpläne gerüstet zu sein.

 Nachdem in den letzten Jahren in der Industrie und im Fachhandel der Klavierbauermangel immer mehr offenbar wurde, hat wohl ein Umdenken Einzug gehalten. Vor allem die noch in Deutschland produzierende Klavierindustrie hat im letzten Jahr überdurchschnittlich viele Auszubildende eingestellt, aber auch im Fachhandel ist eine leichte Steigerung spürbar. Auf Seiten des Bundesverbandes Klavier (BVK) wird erwogen, dem ausbildenden Fachhandel die Möglichkeit zu bieten, ihre Azubis in die Fabriken zu schicken, um Arbeitsgänge erlernen zu lassen, die in der Reparaturwerkstatt nur schwer oder gar nicht zu bewerkstelligen sind.

 Der Wegfall des Meisterzwanges spielt eine ambivalente Rolle. Zunächst hat er den status quo in sehr vielen Betrieben sozusagen „legalisiert“, denn man hatte oft nur lockere Vereinbarungen mit einem „Vorzeigemeister“. Des weiteren könnten dadurch mehr Ausbildungsplätze entstehen, weil sich der Kreis der möglichen Ausbildungsbetriebe erweitert, aber nur, wenn zusätzlich zum Gesellenbrief noch eine Zusatzausbildung absolviert wird. Auf der anderen Seite gibt es die Befürchtung, dass auf lange Sicht die Qualität der Ausbildung leiden könnte, wenn immer mehr Ausbilder mit Gesellenbrief Lehrstellen anbieten, denn die Zusatzausbildung ist naturgemäß weniger umfangreich als die Inhalte der Meisterprüfung.

 Andererseits nehmen nun weniger Klavierbauer die finanziellen und mentalen Mühen einer Meisterprüfung auf sich, weil sich der berufliche Vorsprung zum Gesellenbrief deutlich verringert hat. Eine gewisse Erleichterung im beruflichen Werdegang ermöglicht der Wegfall der obligatorischen Berufsausübung von 5 Jahren, denn nun können Gesellen den Meisterkurs gleich nach der Gesellenprüfung angehen und nicht erst in einem Alter, in dem die Familiengründung und der Hausbau ganz oben auf der Agenda stehen.

 Die Wunschliste für den Gesetzgeber ist schon ziemlich umfangreich. Es ist sehr kompliziert und nicht immer von Erfolg gekrönt, wenn man einen Antrag auf das „Meister-BaföG“ stellt. Selbst wenn es klappt, sind die Bezüge nicht gerade üppig, hier dürfte sich der Staat etwas großzügiger zeigen. Da die Anzahl der Auszubildenden im Klavierbau im Vergleich zu anderen Berufen sehr gering ist, müssen bundesweit alle die Oskar-Walker-Schule in Ludwigsburg in Zeitblöcken besuchen.

Das bedeutet zusätzliche Kosten für Fahrten, Kost und Unterkunft, die bei Azubis in geläufigen Berufen gar nicht anfallen. Hier wünschen wir uns eine staatliche Stützung der Azubi-Gehälter, denn es wäre niemand geholfen, wenn seltene Berufe deshalb verkümmern.

Ganz aktuell ist der staatliche Wille, die Ausbildungsdauer im Handwerk auf maximal drei Jahre zu begrenzen, um eine Gleichstellung mit den akademischen Bachelor-Abschlüssen zu erreichen und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Gerade im vielschichtigen Beruf des Klavierbauers sehen wir erhebliche Probleme auf uns zukommen, denn die derzeit geltenden dreieinhalb Jahre reichen oft nicht aus, alltagsfähige Fachkräfte heranzubilden. Hier wünschen wir uns von staatlicher Seite etwas mehr Verständnis. Der Bund Deutscher Kavierbauer (BDK) ist in diese politischen Entscheidungsprozesse gut eingebunden und entsendet Delegierte aus seinen Reihen in die Beratungsgremien.

Ulrich Sauter, 24. Januar 2012


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Ein herzliches Dankeschön an den BVK für die finanzielle Unterstützung dieses Seminars!

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